How to: Moderationsvorbereitung
- Dorothée Frei-Stahl
- 23. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Wie geht eigentlich eine Moderationsvorbereitung? Spoiler: Bau dir einen Dummy.

Die Vorbereitung beginnt klassisch: Ein Gespräch mit dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin. Rahmenbedingungen abstecken. Was ist der Zweck der Veranstaltung, wie sind die inhaltlichen Programmpunkte gestaltet, wer ist das Publikum, welche Botschaften sollen vermittelt werden, welches Ziel erreicht werden. Und ganz wichtig: Was ist meine Rolle. Bin ich nur für den Rahmen zuständig oder auch thematisch beteiligt? Wird Konzeption erwartet oder nur die Umsetzung eines vorgegebenen Rahmens? Bin ich nur Gastgeberin oder auch Akteurin?
Davon ist abhängig ist, wie viel ich selbst konzipiere. Bei meinen Veranstaltungen sind Podien oft Teil der Moderation. Hier übernehme ich in der Regel die komplette Planung. Aber dazu gleich mehr.
Die Frage nach dem Publikum ist für mich inzwischen die Wichtigste. Und das habe ich auch erst mit der Zeit so richtig verstanden. Wer ist es eigentlich, für wen ich moderiere? Sind es die Auftraggeber? Die Gäste? Das Publikum? Klar. Alle.
Aber mit klarer Präferenz auf Publikum. An erster Stelle muss ich den Menschen gerecht werden, die zuhören, die sich entschlossen haben, die Veranstaltung zu sehen und klare Erwartungen haben.
Das schaffe ich, in dem ich mich in mein Publikum hineinversetze. Zu verstehen versuche, wer seid ihr, was wollt ihr, welche Fragen habt ihr, welche Bedürfnisse. Und dann weiter: Wie alt seid ihr, welche Themen interessieren euch, was ist euer Vorwissen und wo die Schnittstelle zum Thema. Damit erstelle ich ein Dummy-Publikum, das mit mir denkt und mir bei der Vorbereitung zuhört. So kann ich z.B. ein Moderationsintro konzipieren, das Aufmerksamkeit zieht oder Fragen erstellen, die auf Interesse treffen, oder auch die Länge einschätzen. Wie lang reicht die Aufmerksamkeitsspanne? Wie viel Interaktion brauche ich? Welche Tonalität schlage ich an?
Das gilt insbesondere bei der Vorbereitung eines Podiums, da das die größte Aufmerksamkeit fordert. Nicht nur von den Gästen, sondern vor allem von einem Publikum, das Fragen beantwortet haben möchte. Und da hat es genaue Vorstellungen.
Beim Podium ist es meine Aufgabe, das Thema so aufzubereiten, dass jeder Gast seinen Expertenbeitrag zu einem Unterthema bringen kann. Dafür gehe ich mit allen Gästen vorher ins Gespräch, konzipiere daraus Fragen und baue ein Gesprächsgerüst. Damit habe ich den groben Rahmen, in welchem ich spontan entscheiden muss, welche Frage ich zu welchem Thema an welchen Gast stelle. Denn auch das schönste Gerüst hilft nichts, wenn das Gespräch eine andere Wendung nimmt. Spüre ich Unruhe oder Langeweile im Publikum, muss ich umstrukturieren und bin klar auf Spontanität angewiesen. Ich muss mich auf mein Gefühl verlassen und die Redebeiträge trotzdem gleich verteilen und die wichtigen Themen abdecken. Meist habe ich für jeden Gast doppelt so viele Fragen vorbereitet, wie ich später stelle.
Anders ist es bei Politik-Podien z.B. vor Wahlen mit Parteiprogrammthemen. Mit Politiker:innen vorab ins Gespräch zu gehen ist eher unüblich. Daher informiere ich mich über jeden Gast, die Positionen und Themen intensiv, so dass ich aus jedem Cluster Fragen bilden kann. Zwar werden diese vorab an die Pressevertreter:innen geschickt, Feedback gibt es aber eher selten.
In der Umsetzung muss ich spontan entscheiden, ob ich bei meinen Fragen bleibe und eine Reihenfolge einhalte, so dass alle zu allen Themen drankommen oder das Podium so weit öffne, dass sich die Themen von selbst ergeben. Da bei X verschiedenen Parteien auch X verschiedene Personen X verschiedene Meinungen haben und alle zum Thema befragt werden sollen, schränkt die Zeit die Vielfalt ein.
Politik ist zuletzt unfassbar emotional geworden und so wie jede Partei haben auch deren Anhänger:innen unterschiedliche Haltungen und Meinungen. Allen gerecht zu werden ist nicht möglich, aber vorher zu verstehen, was sind die Themen die bewegen, welche gehen gerade unter und brauchen deshalb Raum, was wünschen sich die Menschen und wie schaffe ich es konstruktive Antworten zu bekommen, die im besten Fall auch wirklich Antworten sind, ist verdammt schwierig. Und nicht immer machbar. Aber manchmal. Und dann freue ich mich, dass ich mein Publikum schon vorab kennenlernen durfte. Wenn auch nur als Dummy.
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