Wie wird man Moderatorin? (Teil 1)
- Dorothée Frei-Stahl
- 16. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Apr.

Wie kommt man eigentlich zur Moderation? Zum Glück auch auf Umwegen.
Ich erinnere mich an einen Abend vor mehr als sechs Jahren. Meine damals Zweijährige schlief den Schlaf der Gerechten und ich hatte, versunken in ein Glas Wein, eine philosophische Stunde. Anders gesagt: Ich habe mein Leben hinterfragt. Wie so oft. Ich war wieder zurück im PR-Alltag, in den mich mein Studium der Unternehmenskommunikation geführt hat. Und so sehr ich meine Studienzeit in Mainz geliebt habe, in Agenturen bin ich nur halb glücklich geworden. Mein Verlangen nach schöner Kommunikation kollidierte an vielen Stellen mit Retainern, Hierachien, Kappa-Zeiten oder schlicht vorgegeben Strukturen, die ich mir nicht zu eigen machen konnte oder wollte. Dass ich in der Selbstständigkeit besser aufgehoben wäre, dämmerte mir früh, aber mehr als Illusionen und Träumereien kamen nicht zu Stande. Denn meinem Freigeist steht bis heute ein massives Gefühl von Sicherheit entgegen. Nicht nur auf eigenen Füßen wollte ich stehen, ich wollte auch davon leben können. Und das sollte von jetzt auf gleich gehen. (Ging es natürlich nicht...). Und noch fehlte auch die zündende Idee.
An jenem Abend also, die philosophische Stunde war weit fortgeschritten, erhielt ich die Nachricht eines Freundes, der mir auf eine Voice Mail antwortete: "Du hast die schönste Stimme der Welt." Vermutlich hatte auch er einen philosophischen Moment, aber dieser Satz löste etwas in mir aus und es begann zu rattern. Ich erinnere mich an frühe Sprachaufnahmen, eigene Hörspiele mit dem Kassettenrekorder, erste Experimente mit der Stimme. Und Spaß am Sprechen, Präsentieren, Vortragen, Vorlesen hatte ich ja bis heute. Aber was macht man damit? Ich googelte Volontariate bei Radio und TV (vs. 2 jähriges Kind) und Schauspielausbildungen (vs. Alter). Und dann war erst mal Schicht. Mehr fiel mir nicht ein.
Die entscheidende Wendung kam mit dem Tipp der privaten Sprecherausbildung. Just for fun. Nebenher ein paar Stunden nehmen. Und so fing ich an, in Stuttgart bei der Wortfabrik Mikrofonsprechen zu trainieren. Moderation war damals noch gar kein Thema. Ich wollte einfach etwas mit meiner Stimme machen. Und allein dabei erste Erfolge zu erkennen, hat mir schon extrem gut getan.
Eine Freundin erzählte mir dann von einer Moderatoren-Ausbildung in Stuttgart, am Institut der Moderation (IMO), welches eine Schnittstelle zwischen HdM und SWR ist. Da ich weder Studentin an der HdM, noch Volontärin beim SWR war, wurden von externen Bewerber:innen zu dem Zeitpunkt ein journalistischer Background, ein Praktikum bei einem Sender und erste Moderationserfahrungen verlangt. Bis auf die Erfahrungen konnte ich das vorweisen und bewarb mich auf auf einen der fünf externen Plätze. Kurz: Ich wurde nicht mal zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
Vielleicht war mein Ego zu groß, auf jeden Fall fehlten mir aber die Erfahrungen. Und das will ich vorne weg schicken. Für eine Ausbildung am IMO braucht es die. Stattdessen habe ich ein Seminar für Eventmoderation bei der Moderatorenschule Baden-Württemberg gemacht. Und dann kam Corona. Und alles lag brach. Ich hatte keine Lust mehr. Es fiel mir maximal schwer mich zu motivieren. Auftrieb gab mir ein Aufruf der taz, Artikel für Leser zu vertonen. Von Lesern für Leser - oder Leserinnen, wie mich. Das gefiel mir. Das nötige Equipment hatte ich inzwischen zu Hause und so hemdsärmelig das Projekt gedacht war (die meisten vertonten mit dem Handy), so viel Spaß hatte ich, so professionell wie möglich abzuliefern. Und auch wenn ich damals noch weeeeeit weg von Professionalität war, waren es doch erste Texte, die ich auf meine damals entstehende Website mit aufnehmen konnte. Und dann ist es wie so oft: Das eine kommt zum anderen. Mit meiner Website habe ich mich auf erste Jobs bei fiverr beworben. Kann ich nicht wirklich empfehlen, aber auch so sammelt man (nahezu unbezahlt) Referenzen.
Und darüber kamen, ganz vereinzelt, erste Jobanfragen als Sprecherin. Und von diesen ersten Anfragen ging es dann ganz plötzlich in einen Spagat. Eine Podcastagentur suchte eine Moderatorin für einen Auftrag beim Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg. Da ich der einzige Kontakt in der Nähe war, haben wir uns gemeinsam auf den Podacst beworben - und den Job bekommen.
Ich war also Moderatorin. Und mir schlotterten die Knie. Im Nachhinein muss ich lachen, denn ich habe nichts gemacht, was ich vorher nicht auch gemacht habe. Interviews konzipiert, Texte geschrieben und ins Mikrofon gesprochen. Aber für so einen großen Kunden zu arbeiten war eine ganz andere Nummer.
Und dann ging es Schlag auf Schlag.
Nein. Natürlich nicht. Der Job war großartig. Aber es war nur ein Job. Meine Brotarbeit hatte ich weiterhin. Trotzdem kamen neue Anfragen für Eventmoderation. Ich schätze die Referenz hat viel geholfen. Und Google Ads auch. Den wichtigsten Schritt habe ich aber erst ein Jahr später gemacht. Ich habe mich noch einmal beim IMO beworben. Diesmal mit Moderationserfahrung und einem selbstgedrehten (und geschnittenen - Boomercringe!) Video. Noch in Corona-Quarantäne habe ich das Casting von zu Hause aus gemacht - und es hat geklappt!
Ich bin enorm dankbar für dieses Jahr, reich an Erfahrungen. Wir haben alle Sparten durch: TV, Radio, Bühne, kritisches Interview, Podium, vor der Kamera und vor dem Mikrofon. Ich war damals, mit Mitte 30, mit Abstand die Älteste und würde auch sagen, noch größer sollte der Abstand nicht sein, aber für mich hat es extrem gut gepasst. Das, was ich mitnehmen konnte, hilft mir bis heute. Seriöse Moderationen liegen mir. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.... (Teil 2 folgt)
Comments